4. Schritt – Mit Achtsamkeit Laufen


4. Schritt – Mit Achtsamkeit Laufen

Dieser 4. Artikel zum Thema „Mit Achtsamkeit Laufen“ ist Teil der Serie „Achtsamkeit beim Laufen“ und möchte Ihnen das Thema Achtsamkeit im Alltag näher bringen. Schrittweise aufeinander aufgebaut können Sie so von Artikel zu Artikel nachvollziehen, wie Sie Teile Ihres Alltags genussvoller, intensiver und einfach „lebenswerter“ machen können.

Was also tun?

Sobald uns auffällt, dass wir uns in Gedanken verloren haben, so können wir wahrnehmen, welchen Gedanken wir gerade im Kopf haben. Und dann wieder zurück kommen. Zurück in diesen aktuellen Moment, und wieder wahrnehmen, was zu Hören ist – was zu Riechen ist – zu Sehen – oder aber zu spüren. Und das ist beim Laufen recht einfach: kommen Sie einfach zurück zu der Wahrnehmung, wie z.B. Ihre Füße den Boden berühren, wie Ihr Atem aktuell fließt (egal, wie er fließt!) oder aber, welche Körperempfindung Sie haben. Und von dort aus können Sie wieder starten mit Ihrer Wahrnehmung der einzelnen Sinnesorgane und wieder das „Jetzt“ genießen und so wieder mit Achtsamkeit laufen.

Wir haben die Wahl

Wir haben übrigens die Wahl – eine sehr entscheidende Wahl:

Wenn wir sauer werden, z.B. darüber, dass wir „schon wieder“ mit den Gedanken abgedriftet sind, oder auf uns selber, weil wir uns als „unsportlich“, „zu dick“ oder auch „nicht so fit wie …“ abwerten, so reagiert unser Körper mit einer leichten Stressreaktion und schränkt die Weite unserer Wahrnehmung ein.

Was passiert dann? Das Blickfeld wird etwas enger, die Wahrnehmung des Körpers und von Geräuschen wird fokussierter … und leider meist mehr auf das fokussiert, was uns aktuell stört! Das ist ein uralter Reflex unseres Körpers: „In Stress geraten“, und sei es durch eigene unangenehme Gedanken heißt für unser Inneres „Gefahr“ und „bereit machen zum Kampf oder zur Verteidigung“!

Und dieses Fokussieren der Wahrnehmung bei gleichzeitigem Abnehmen des Körperempfindens hat uns vor Tausenden von Jahren dabei geholfen, besser zu kämpfen, zu flüchten oder uns tot zu stellen. Damals ein guter Reflex zum Überleben. Heute jedoch meist störend, denn dieser Reflex schränkt uns automatisch und unwillkürlich dabei ein, die Realität in diesem Moment in ihrer Fülle wahr zu nehmen.

Bleiben wir jedoch gelassen und gehen mit Achtsamkeit laufen, so nehmen wir die Einengung unserer Wahrnehmung wahr und behalten im Hinterkopf, dass es völlig normal ist, dass unser Gehirn dauernd Gedanken produziert, so bleibt auch unsere Wahrnehmung weiter offen. Offen für das, was in diesem Moment gerade wahrzunehmen ist.

Gelassen bleiben – gar nicht so einfach …

Dieses „Gelassen bleiben“ ist wahrscheinlich die größte Kunst dabei – denn sehr häufig sind wir in Reflexen und automatischen Gedanken und Bewertungen gefangen, mit denen wir uns unwillkürlich selber von der Realität abkoppeln. Von der Realität, wie sie gerade in diesem Moment ist.

Und wenn die Realität gerade unangenehm ist, so nehmen wir uns der Möglichkeit, sie vielleicht zu ändern. Und ist die Realität gerade angenehm, so ist es umso mehr schade, das wir sie nicht genießen – wie ein Geschenk, das wir achtlos weg werfen!

„Gelassen bleiben“ ist übrigens in zwei Richtungen gemeint – einerseits, wie oben geschildert: sich nicht ärgern oder Probleme wälzen – weil uns beides in unserer Wahrnehmung eng macht und uns damit weg bringt vom derzeitigen Augenblick.

„Hin zu“ & „weg von“

Andererseits aber auch in die Richtung des „Haben-Wollens“ – beim Laufen sichtbar an „ich muss schneller sein als beim letzten Mal“. Oder aber: „ich muss noch zwei Runden mehr laufen als mein Körper eigentlich kann, um abzunehmen und eine tolle Figur für den Urlaub zu bekommen“ oder inzwischen gerne auch mit Fitness-App: „ich will der Beste sein in meiner (virtuellen) Laufgruppe“. Auch dies bringt uns innerlich in Stress. Und dieser Hin-zuStress wirkt genauso wie der oben beschriebene Weg-von -Stress mit den gleichen Symptomen. Mit den gleichen Körperreaktionen, die unsere Wahrnehmung enger werden lassen und uns so auch weg bringen vom „Wahrnehmen, was gerade ist“.

Der innere Kommentator

Oftmals kommt auch hier noch ein innerer Kommentator dazu, der versucht, uns abzutreiben, damit das Ziel erreicht werden kann. Ein inneres Anfeuern, das uns vielleicht die Extra-Runde mehr bringt oder die tolle Zielzeit, mit der wir uns gut präsentieren können. Aber leider haben wir in diesen Momenten, in denen wir ganz vom Zielgedanken absorbiert sind keine Wahrnehmung mehr dafür, „was gerade ist“. Wir sind also weit weg vom achtsamen Gewahrsein dessen, was im Moment gerade ist.

Also auch hier gilt: wenn nicht Achtsamkeit und das Genießen des aktuellen Momentes das Ziel ist, sondern ein Ziel in der Zukunft, wie z.B. besonders lange oder schnell gelaufen zu sein, die tolle Figur in der Zukunft oder der Vergleich mit anderen, dann ist das eine gute Strategie! Aber leider ist dies das Gegenteil von achtsamen, vielleicht sogar genussvollem Gewahrsein des aktuellen Augenblicks.

Was also tun, um möglichst intensiv das „Hier und Jetzt“ wahr zu nehmen?

Ihr

Ralf Rosenbaum

Achtsamkeit und MBSR Köln
– MBSR-Lehrer
– Achtsamkeitscoach
– Heilpraktiker (Psychotherapie)