5. Schritt – Achtsam laufen


5. Schritt – Achtsam laufen

Dieser Artikel zum Thema „Achtsam laufen“ ist Teil der Serie „Achtsamkeit beim Laufen“ und möchte Ihnen das Thema Achtsamkeit im Alltag näher bringen. Schrittweise aufeinander aufgebaut können Sie so von Artikel zu Artikel nachvollziehen, wie Sie Teile Ihres Alltags genussvoller, intensiver und einfach „lebenswerter“ machen können.

Schritt für Schritt in die Realität – ein Rezept

Nehmen wir aber einfach einmal an, auch in Zeiten des Multitaskings würden wir einfach Achtsamkeit trainieren wollen und dabei auch unseren Körper trainieren, dann könnte ein Rezept wie folgt aussehen:

Lassen Sie alles Ablenkende weg: gehen Sie alleine laufen bzw. unterhalten Sie sich nicht beim Laufen. Lassen Sie auch Smartphone, Ipod & Co. zu hause und überlegen Sie vorab, wie lange und wo Sie achtsam laufen gehen werden.

Nehmen Sie sich für diese Zeit wirklich Zeit zum Laufen, damit Sie nicht durch nachfolgende Termine in Druck geraten. Und am Besten laufen Sie auch in einem Tempo, das Ihr Körper gut bewältigen kann, ohne in Stress zu geraten. Fordern schon, aber nicht über-fordern.

Das eigentliche Achtsamkeitstraining läuft dann wie folgt:

1.: Achtsam laufen mit Fokus auf die Empfindungen

Nehmen Sie sich als ersten Aufmerksamkeitsfokus die Wahrnehmung Ihrer Fußsohlen. Das heißt, Sie versuchen, kontinuierlich die Fußsohle Ihres linken Fußes beim Laufen zu spüren.

Die ganz normale Empfindung, wenn der linke Fuß den Boden berührt, wie das Gewicht auf ihn verlagert wird und der Schwerpunkt dann komplett auf diesen Fuß verlagert ist. Und wie er dann wieder entlastet, schließlich vom Boden abgehoben und durch die Luft wieder nach vorne gebracht wird, sodass sich der Vorgang danach wieder von vorne wiederholt. Und natürlich können Sie auch spüren, welche Empfindungen wechselnde Untergründe an der Fußsohle hervor rufen. Wie fühlt sich Asphalt an – wie ein Feldweg – wie ein Trampelpfad – wie eine Wiese, über die Sie vielleicht gerade achtsam laufen? Und egal, wie es sich anfühlt – Sie lassen Ihren Aufmerksamkeitsfokus zunächst einmal auf einem Fuß, in diesem Fall den Linken.

Eine spezielle Art von Bewegung?

Nein, es geht hier nicht darum, den Fuß ganz besonders auf zu setzen, vorsichtig oder nach einer Choreografie, es geht einfach darum, die eigene Aufmerksamkeit immer wieder zurück zur Aufmerksamkeit auf die Sohle des linken Fußes zu bringen. Wenn Ihr Fuß mehr mit der Ferse aufkommt oder mehr mit dem Ballen, dann ist beides in Ordnung, auch auch wenn er mehr nach innen geneigt ist oder nach außen. Vielleicht wird Ihnen die ein oder andere Empfindung so zum ersten Mal bewusst auffallen.

Aber es gibt kein Richtig oder Falsch. Sie können wahrscheinlich schon laufen, seitdem sie ein Kleinkind sind, da können Sie sich also drauf verlassen und Sie brauchen nichts zu verändern. Sie nehmen einfach die Empfindung wahr, die beim ganz normalen Laufen an Ihrer linken Fußsohle zu spüren ist. Egal, wie Sie laufen, langsam oder schnell, stockend oder fließend, hart oder weich auftretend – Sie nehmen es einfach wahr. Nicht mehr – und auch nicht weniger.

… Hilfe, da kommen ja viele Gedanken!

Ja, das ist meist so, und auch Fortgeschrittene Achtsamkeitsübende sind davon noch überrascht! Aber wenn die Gedanken Sie weg tragen, wie z.B. durch Gedanken wie „was mögen die Anderen denken bei so einem Herumgehumpele von mir“, „ich muss den Atem in einen besonderen Rhythmus bekommen, der zum Schrittrhythmus passt“ oder ähnliches, dann bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit einfach wieder zurück – freundlich und beharrlich. Und wenn die Gedanken Sie 100 mal weg tragen – Sie bringen Ihre Aufmerksamkeit 100 Mal wieder zurück zum Empfinden Ihrer linken Fußsohle. Freundlich und beharrlich.

Hierbei hat es sich bewährt, den Blick entspannt ca. 4-5 Meter vor sich zu halten. So sehen Sie alle möglichen Hindernisse, werden aber nicht durch zu viele Dinge in der Ferne abgelenkt. Sie werden sehen, dass Sie nach einer gewissen Zeit immer weniger von störenden Gedanken abgelenkt werden oder sich in eigenen Zuschreibungen („ich bin zu untrainiert“, „ich bin zu unsportlich“, „ich bin zu langsam“, etc.) oder Abwertungen verfangen. Mit der Zeit wird es immer einfacher, die Aufmerksamkeit entspannt bei der Wahrnehmung der linken Fußsohle zu halten.

Und wenn Sie es schaffen, Ihre linke Fußsohle kontinuierlich für längere Zeit in Ihrer Aufmerksamkeit zu halten, d.h. für ca. 30 Atemzüge, dann können Sie den Fokus der Aufmerksamkeit ändern.

Den Fokus ändern

Lassen Sie nun den Fokus auf der Wahrnehmung Ihrer rechten Fußsohle ruhen. Vergessen Sie für eine Zeit ruhig die linke Fußsohle – nehmen Sie nur die rechte wahr.

Vielleicht fallen Ihnen Unterschiede auf zwischen linker und rechter Fußsohle, oder vielleicht ist es genau gleich. Wenn es Ihnen auffällt, so ist das in Ordnung, aber Sie können diese inneren „Aha“-Erlebnisse ruhig wieder los lassen und den Fokus wieder auf die Sohle Ihres rechten Fußes bringen. So, wie Sie sie spüren. Nichts besonderes, einfach nur Wahrnehmen, wie sich die Sohle beim achtsamen Laufen anfühlt.

Und auch hier gilt: wenn Sie es schaffen, Ihre rechte Fußsohle kontinuierlich für längere Zeit in Ihrer Aufmerksamkeit zu halten, d.h. für ca. 30 Atemzüge, dann können Sie den Fokus der Aufmerksamkeit ändern.

Nehmen und halten Sie nun beide Fußsohlen in Ihrer Aufmerksamkeit, genauso wie vorher die Fußsohlen einzeln – jetzt halten Sie beide Fußsohlen im freundlichen Gewahrsein.

Und wenn Sie es schaffen, ca. 30 Atemzüge Ihre Aufmerksamkeit ununterbrochen auf Ihren Fußsohlen zu halten, ohne von Gedanken abgelenkt zu werden, so erweitern Sie den Fokus Ihrer Aufmerksamkeit.

Erweitern Sie den Fokus

Und nehmen Sie nun beide Füße, nicht nur die Fußsohlen, den linken und den rechten, aufmerksam wahr, so, wie sich beide Füße beim achtsamen Laufen anfühlen. Auch hier sollten Sie solange den Fokus bei beiden Füßen halten, bis Sie es schaffen, ca. 30 Atemzüge lang die Aufmerksamkeit dort zu belassen, ohne von Gedanken abgelenkt zu werden.

Nehmen Sie dann beide Beine als Ganzes wahr als neuen Fokus Ihrer Achtsamkeit. Auch hier so lange bleiben, bis Sie ca. 30 Atemzüge lang die Aufmerksamkeit dort halten können.

Dann die Aufmerksamkeit auf den wechselnden Schwerpunkt Ihres Körpergewichtes ruhen lassen, ohne sich von Gedanken weg treiben zu lassen. Auch hier so lange bleiben, bis 30 Atemzüge lang die Aufmerksamkeit dort ruhen kann, ohne weg getrieben zu werden.

Nehmen Sie dann Ihren Körper beim achtsamen Laufen in seiner Gesamtheit war, mit allen Empfindungen – ohne dabei zu lange fokussiert auf einer Stelle zu bleiben, z.B. weil dort intensivere Empfinden sind, wie Seitenstehen, ein Stein im Schuh oder ähnliches. Sie nehmen kontinuierlich Ihren Körper als Ganzes wahr – mal ein kurzes Wahrnehmen dieser Körperstelle, mal eine andere. Doch auch immer wieder diese kurzen Impulse los lassen und sich nicht „fest-beißen“ an besonderen Stellen oder Empfindungen im oder am Körper. Und natürlich nicht von den Gedanken weg tragen lassen. 🙂

… und wenn Sie es schaffen, ohne längere Ablenkungen von Gedanken den Fokus Ihrer Aufmerksamkeit für ca. 15 Minuten auf der Wahrnehmung Ihres Körpers als Ganzes beim Laufen zu halten, so können Sie zum nächsten Schritt übergehen in diesem Achtsamkeitstraining:

Achtsam laufen mit Fokus auf den Atem.

Ihr

Ralf Rosenbaum

Achtsamkeit und MBSR Köln
– MBSR-Lehrer
– Achtsamkeitscoach
– Heilpraktiker (Psychotherapie)