3. Schritt – Achtsames Laufen


Achtsames Laufen - MBSR und Achtsamkeit Köln

3. Schritt – Achtsames Laufen

Dieser dritte Artikel zum Thema „Achtsames Laufen“ ist Teil der Serie „Achtsamkeit beim Laufen“ und möchte Ihnen das Thema Achtsamkeit im Alltag näher bringen. Schrittweise aufeinander aufgebaut können Sie so von Artikel zu Artikel nachvollziehen, wie Sie Teile Ihres Lebens genussvoller, intensiver und einfach „lebenswerter“ machen können.

Achtsames Laufen, oder: Was passiert, wenn scheinbar nichts passiert?

Wie war es – einfach so zu laufen?

Zu Anfang laufe ich einfach los, habe vielleicht noch viele Alltagsgedanken im Kopf, prüfe die Wetterlage oder bin im inneren Selbstgespräch …

… und nach einer Zeit kann es sein, dass mir auffällt, dass es nach irgendetwas riecht. Sei es das Gras auf der Wiese – vielleicht auch der Staub des Weges …

… und vielleicht fällt mir der Geruch der Bäume oder ein ganz anderer Geruch auf …

Oder ich merke, wie sich der Untergrund anfühlt – ist es Asphalt, ist es Rasen, ist es ein Feldweg oder ein ganz anderer Untergrund?

Oder mir fallen Details auf, die mir vorher noch nie ins Auge gefallen sind. Vielleicht ein schöner Baum, eine schöne Aussicht, ein anderer Läufer oder das Sonnenlicht, wie es gerade Muster auf den Boden zeichnet?

Oder Geräusche, die zu hören sind. Sind vielleicht im Moment Vögel zu hören? Oder ein Wasserplätschern? Oder Wind? Gibt es Straßengeräusche, gibt es Kinderlachen oder höre ich gerade das Murmeln einer Unterhaltung in der Ferne?

Und natürlich: welche Körperempfindungen gibt es gerade? Wie fühlen sich die Füße und die Beine an, wie die Lunge? Wie geht der Atem gerade – langsam, schnell, stossweise oder fließend? Habe ich gerade einen Stein im Schuh, Seitenstiche oder passt vielleicht gerade alles recht gut und ich nehme meinen Körper als eine ruhig laufende verlässliche Maschine wahr, die mich gut von A nach B trägt?

Und wenn Sie auch nur Eines davon wahrnehmen: Glückwunsch!

Glückwunsch – Sie sind an Ihrem Ziel angekommen!

Sie sind im aktuellen Moment Ihres Lebens angekommen und haben wahrgenommen, was gerade ist. Gerade ist? Ja genau! Die Realität Ihres Lebens gerade in diesem Moment!

Das ist Achtsamkeitstraining – in diesem Fall achtsames Laufen – jetzt sind Sie genau da, wo sie gerade sind und nehmen wahr, wie das Leben gerade ist. Ohne sich abzulenken und auf diese Weise „weg zu sein“ – in einer Alltagstrance – sei es in einer guten (wie z.B. bei angenehmer Musik) oder aber in einer unangenehmen (wie z.B. beim Wälzen von Problem im Kopf oder im Gespräch).

All das sind Wahrnehmungen, die gerade im aktuellen Moment vorhanden sind.

Dies an sich ist vollkommen ausreichend, Sie brauchen keine großen Theorien, keine Rezepte, keine Apps und keine Lehrer oder Meister, denen Sie folgen müssen. Sie sind schon angekommen – im aktuellen Moment!

… gar nicht so einfach …

… und wenn Sie weiter laufen und sich weiter dessen gewahr sind, was im Moment gerade „ist“, sei es zum Sehen, Hören, Spüren, Riechen oder sogar Schmecken, so wird Ihnen auffallen, dass es nicht lange dauert, und Ihr Körper läuft zwar noch, aber Ihre Aufmerksamkeit ist in einem Gedanken verfangen.

Wie lange waren Sie „da“?

2 Sekunden, 5, 10 oder sogar 20 Sekunden im achtsamen Laufen? OK, das ist schon recht gut für den Anfang, Respekt …

… aber jetzt sind Sie leider nicht mehr „da“, sondern eigentlich „weg“ – in ihrer Gedankenwelt. 🙂

Gedankenwelt?

Genau!

Und das kann alles mögliche sein, negative Gedanken, wie z.B. „heute bin ich aber nicht so fit, wie ich eigentlich dachte“, „hoffentlich fängt es gleich nicht an zu regnen“, „es ist aber kalt heute“, „ich habe Seitenstiche“! Oder aber: „wenn ich etwas mehr abnehmen würde, dann würde das auch mit dem Laufen viel einfacher funktionieren“ oder ein anderer unangenehmer Gedanke …

Oder aber positive Gedanken, wie z.B. „wie gut es nach geschnittenem Gras riecht“, „wie frisch die Luft ist“, „toll, dass ich mich aufgerafft habe und los gelaufen bin“ über „bald fahre ich in Urlaub und kann mich richtig entspannen“, „heute läuft es alles richtig gut, vielleicht mache ich meine Bestzeit“, „ich hab schon viel weniger Seitenstiche als letztes Mal“ … und all die 1001 Dinge, die unser Gehirn kontinuierlich produziert!

Und in Windeseile sind wir absorbiert von diesem Gedanken und malen uns z.B. aus, wie es in ein paar Wochen im Urlaub wäre oder aber was die Gründe dafür sind, dass wir zehn Kilo zu viel auf der Waage haben.

Aber bedenken Sie: unser Gehirn kann ja nichts anderes als Denken, also füttert es uns fortlaufend mit Gedanken, und aus dem ersten Gedanken kommt der nächste und dann noch einer und noch einer … und so können wir 10 Minuten, 30 Minuten oder sogar eine ganze Stunde in diesen Gedanken versunken unsere Laufstrecke absolvieren … ohne dass wir mit unserer Aufmerksamkeit anwesend sind.

Nur unser Körper ist gerade „da“ – wir, das heißt, unsere Aufmerksamkeit – sind ganz in Gedanken … Aber wenn wir absorbiert von Gedanken sind, so bekommen wir diesen Moment unseres Lebens nicht mit – fast so, als ob wir schlafen würden. Das ist auch eine wichtige Tätigkeit – doch hier geht es um’s Wach-sein, um’s Lebendig-sein, um’s Da-sein.

Was also tun, um achtsames Laufen zu kultivieren?

 

Ihr

Ralf Rosenbaum

Achtsamkeit und MBSR Köln
– MBSR-Lehrer
– Achtsamkeitscoach
– Heilpraktiker (Psychotherapie)