9. Schritt – Mit Achtsamkeit joggen


9. Schritt – Mit Achtsamkeit joggen

Dieser 9. Artikel zum Thema „Mit Achtsamkeit joggen“ ist Teil der Serie „Achtsamkeit beim Laufen“ und möchte Ihnen das Thema Achtsamkeit im Alltag näher bringen. Schrittweise aufeinander aufgebaut können Sie so von Artikel zu Artikel nachvollziehen, wie Sie Teile Ihres Alltags genussvoller, intensiver und einfach „lebenswerter“ machen können.

Verbinden wir nun die einzelnen Schritte

Für den nächsten Schritt teilen Sie Ihre Laufstrecke in ca. 5 gleich lange Distanzen oder Ihre Laufzeit in fünf gleiche Perioden. Sollten Sie eine gewissen Anzahl von „Runden“ laufen, so ist die erste Option für Sie vielleicht einfacher, ansonsten kann ein Zeitgeber wie eine Uhr Sie unterstützen, die nach der jeweiligen Zeit entsprechend ein Ton- oder Vibrationssignal sendet. So wissen Sie, wann die nächste Einheit begonnen hat.

Gehen Sie nun die bisher beschriebenen Schritte nacheinander durch:

Fußsohlen und ganzer Körper

Beginnen Sie damit, im ersten Teil Ihre Aufmerksamkeit primär auf die Wahrnehmung Ihrer Fußsohlen auszurichten und erweitern Sie diese dann langsam auf die Wahrnehmung Ihres gesamten Körpers. So, wie er sich gerade in diesem Moment anfühlt beim Laufen. Sie versuchen dabei, nicht über längere Zeit auf einen Bereich des Körpers zu fokussieren, sondern nehmen den ganzen Körper wahr, in dem hier und da ähnlich wie bei der Wahrnehmung von Geräuschen verschiedenste Empfindungen im Körper ganz natürlich Ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dies ist völlig normal – und Sie bringen Ihre Aufmerksamkeit immer wieder zurück auf Ihren Körper als Ganzes.

… plus Atem

Nach dem ersten Teil, d.h. nach dem ersten Streckenabschnitt oder dem ersten Teil der vorgesehenen Gesamtzeit weiten Sie nun die Aufmerksamkeit vom Körper so aus, dass Sie auch gut den Atem in seiner Gesamtheit spüren können. Und halten dieses für den zweiten Teil im Fokus. Und wenn Gedanken, Geräusche oder Emotionen Sie fort tragen, so nehmen Sie wahr, welche Gedanken, Geräusche oder Emotionen gerade da sind – und kommen dann zurück zur Ausrichtung Ihrer Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung Ihres atmenden Körpers als Ganzes. Immer wieder … während Sie mit Achtsamkeit joggen …

… plus Geräusche

Im Anschluss daran weiten Sie Ihre Aufmerksamkeit im dritten Teil während Sie mit Achtsamkeit joggen noch einmal aus: nun nehmen Sie Ihren Körper, Ihren Atem und auch die ganze Welt der Geräusche war – seien es Geräusche aus dem inneren Ihres Körpers oder Geräusche, die von Außen an Ihr Ohr dringen. Sie nehmen all dies wahr und kommen immer wieder freundlich dahin zurück, sollte Ihre Aufmerksamkeit fort getrieben worden sein von Gedanken oder sich „verbissen“ haben in einzelnen Punkten. Wie z.B. „das störende Geräusch soll weg“, „was schaut der Typ so komisch?“, „diese Seitenstiche bringen mich noch um“ oder all die anderen Fokussierungen, die uns so häufig beim Laufen überfallen und an sich fesseln.

Dabei könnte Ihnen auffallen, dass diese Fokussierungen die entsprechenden Wahrnehmungen meist verstärken. Ähnlich wie bei den Geräuschen, die subjektiv lauter werden, sobald wir auf sie lauschen. Ähnlich ist es bei einem Stein im Schuh, einer Stelle, wo die Haut signalisiert „ich werde hier langsam wund“ oder bei Seitenstichen … Sobald wir auf das Unangenehme fokussieren, so wird es stärker. Weiten wir unseren Fokus dann wieder und damit unsere Aufmerksamkeit – wie z.B. auf die Wahrnehmung des Körpers als Ganzes (ohne gegen die unangenehme Wahrnehmung zu kämpfen oder diese „weg machen zu wollen“), so verblasst diese einzelne Wahrnehmung meist allmählich, bis sie manchmal ganz aufhört.

… plus Gedanken

Im vierten Teil der Strecke bzw. der Laufzeit weiten Sie Ihre Aufmerksamkeit nochmals und nehmen neben Ihrem atmenden Körper und den Geräuschen, die Sie umgeben auch Ihre Gedanken wahr. Genauso, wie Sie es vorher geübt haben, nur diesmal alles zusammen! Gedanken tauchen auf und vergehen wieder, während Sie laufen, Geräusche dringen an Ihr Ohr, während Sie laufen, und Sie nehmen wahr, wie sie atmen und unterschiedlichste Körperempfindungen wahrnehmen. Und all diese Wahrnehmungen tauchen auf – und verschwinden wieder – ganz natürlich, während Sie mit Achtsamkeit joggen.

Fordern, aber Über-fordern Sie sich nicht

Dazu ein wichtiger Hinweis: körperliche Wahrnehmungen werden wahrscheinlich (und manchmal glücklicherweise!) nicht verschwinden, wenn Sie an Ihrem persönlichen Limit laufen. Sind Sie kurz vor dem Zusammenbrechen und in völliger körperlicher Überlastung, weil Sie zu schnell oder schon zu lange laufen, so werden die Warnsignale Ihres Körpers (hoffentlich) nicht verschwinden.

Denn dafür sind sie da: um Sie zu warnen, dass etwas „nicht richtig ist“ und Sie dieser Sache Aufmerksamkeit widmen sollen. Ähnlich der Warnlampe im Armaturenbrett Ihres Autos. Die können sie natürlich abkleben, damit Sie sie nicht mehr sehen – aber dann ist vielleicht der Motor irgendwann kaputt oder kein Benzin mehr im Tank. Beim Laufen hätten Sie dann einen körperlichen Schaden. Aus diesem Grunde hier nochmals der Hinweis von ganz am Anfang: laufen Sie, wenn Sie mit Achtsamkeit joggen eine Strecke, die Sie gut bewältigen können und in einem Tempo, dass für Sie in Ordnung ist. Hier soll es um ein Achtsamkeitstraining beim Joggen gehen und nicht um das Abhärten für Olympia oder das systematische Überfordern Ihres Körpers, indem Sie lernen, die Feedbacksignale Ihres Körpers zu unterdrücken. Der Hauptfokus ist das Training Ihres Geistes, und als Nebeneffekt trainieren Sie Ihren Körper.

Und wenn Sie so ein paar Trainingseinheiten absolviert haben, dann können Sie noch einen Schritt weiter gehen.

 

Ihr

Ralf Rosenbaum

Achtsamkeit und MBSR Köln
– MBSR-Lehrer
– Achtsamkeitscoach
– Heilpraktiker (Psychotherapie)